QUATUOR. f. m. C’est le nom qu’on donne aux morceaux de Musique vocale ou instrumentale qui sont à quatre Parties récitantes (Voyez Parties.) Il n’ya point de vrais Quatuor, ou ils ne valent rien. Il faut que dans un bon Quatuor les Parties soient presque toujours alternatives, parce que dans tout Accord il n’ya que deux Parties tout au plus qui fassent Chant & que l’oreille puisse distinguer à la fois; les deux autres ne sont qu’un pur remplissage & l’on ne doit point mettre de remplissage dans un Quatuor.

Erklarung des allegorischen Kupfers

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(1) Ein grosser Saal.

(2) Verschiedene Dilettanten geben ein Konzert, und sind so wie die Zuhörer in der Hoftrauer.

(3) Die Tochter vom Haus läßt sich solo auf dem Klavier hören. Die uhörer klatschen, weil es so Mode ist, maschinenmässig die Hände.

(4) Auch eine junge Wittwe klatschet mit, und ist ganz Ohr: aber nicht für die schöne Musik, sondern für die schönen Worte, die ihr ein galanter Herr hinter ihrem Stuhl ins Ohr flüstert. {47}

(5) Im Hintergrund stehen zween Herren, die sich das Gefrorne schmecken lassen, und den Hausherrn kritisiren.

(6) In einem Armstuhl sitzt ein dicker Herr, der sich bey dem schönen Solo an seinen Solohund erinnert, und es seinem Nachbar erzählt, daß er gestern drey Hasen Solo gefangen habe.

(7) Auf dem grossen Sopha sitzen zwo Damen die sich, weil sie nahe Blutsverwandte sind, den Rücken zeigen.

(8) Die Frau Baronesse fällt in Ohnmacht, weil sie under den Zuhörern einen Herrn erblickt, der nicht in Hoftrauer ist.

(9) Der Hausfreund hält der Frau vom Haus den Flakon under die Nase, und winkt dem Herrn im bunten Kleid, sich zu entfernen.

Sonata per il Pianoforte ed un Violino obligato, scritta in uno stile molto concertante, quasi come d’un concerto, composta e dedicata al suo amico R. Kreutzer – – per Louis van Beethoven. Op. 47. A Bonn, chez Simrock, (Pr. 6 Franken.) [. . .]

Der Zusatz auf dem Titel: scritta – concerto, scheint wunderlich, anmassend und prahlerisch; er sagt aber die Wahrheit, dient statt einer Vorrede, und bestimmt das Publikum so ziemlich, für welches dies seltsame Werk seyn kann. Dies seltsame Werk, sag’ ich: denn seltsam ist es in der That; und, genau genommen, haben wir noch nichts der Art oder vielmehr, noch nichts, das die Gränzen dieser Art so weit ausdehnte und dann auch wirklich so ausfüllete. Wie? Das ist die andere Frage. Rec. glaubt, nach genauer Bekanntschaft mit dieser Komposition: man muss seine Kunstliebe nur auf einen gewissen Kreis des Gewöhnlichern eingeschrankt haben oder sehr gegen Beethoven eingenommen seyn, wenn man dieses weit und breit ausgeführte Musikstück nicht als einen neuen Beweis auerkennet von des Künstlers grossem Genie, seiner lebendigen, oft glühenden Phantasie, und seiner ausgebreiteten Kenntniss der tiefern harmonischen Kunst; aber auch, man muss von einer Art des ästhetischen oder artistischen Terrorismus befangen oder für Beethoven bis zur Verblendung gewonnen seyn, wenn man in diesem Werke nicht einen neuen, {770} offenbaren Beleg davon findet, dass sich dieser Künstler seit einiger Zeit nun einmal kaprizire, mit den trefflichsten Gaben der Natur und seines Fleisses nicht bloss aufs willkührlichste zu schalten, sondern vor allen Dingen nur immer ganz anders zu seyn, wie andre Leute; dass er mithin sein grosses Vermögen nicht nur gewaltsam in das Blaue hinaustreibe was zwar Ungeheuer hervorbringen könnte, aber immer bewundernswürdige, – sondern sich zugleich ein irdisches Ziel, deutlich oder nicht, vorhalte, wobey weder seine Werke gewinnen können, noch die Welt, noch er selbst.

Unter die Erzeugnisse dieser Laune des genialischen Mannes gehört also auch diese Sonate. Ihr inneres Wesen zu entwickeln und es wörtlich bestimmt zu charakterisiren, ist mir unmöglich, und erit mihi magnus Apollo, der das befriedigend vermag, und wirklich leistet. Ich habe, mit der Achtung, die man diesem Komponisten und in der That auch diesem Werke schuldig ist, versucht, den Ideengang nur einigermaassen genügend in Umrissen anschaulich zu machen, habe einen Rogen voll, nur über das erste Presto, geschrieben: aber ich verschone die Leser der mus. Z. damit Es muss zu finden seyn, woher? und wohin? wenn ein Weg beschrieben werden soll. Es habe demnach mit der allgemeinen Anzeige sein Bewenden: wenn zwey Virtuosen, denen nichts mehr schwer ist, die dabey so viel Geist und Kenntnisse besitzen, dass sie, wenn die Uebung hinzukäme, allenfalls selbst dergleichen Werke schreiben könnten, und die eben wegen dieses oben über dem Ganzen schwebenden Geistes durch die wunderlichsten Auswüchse im Einzelnen nicht gestört werden : wenn sich diese zusammenfinden, sich in das Werk einstudiren, (denn das müssten auch sic; ) wenn sie nun die Stunde abwarten, wo man auch das Groteskeste geniessen kann und mag, vorausgesetzt, dass es mit Geist gemacht ist, und wenn sie es nun in dieser Stunde vortragen: so werden sie einen vollen, reichen Genuss davon haben. Die Sonate bestehet übrigens, nach zwey Zeilen Einleitung, aus einem affektvollen Presto, dessen Klavierstimme allein zwölf enggestochene {771} Seiten füllet; aus einem originellen, schönen Andante, mit vier höchst wunderlichen Variationen, und dann wieder aus einem Presto, dem bizarresten Satze von allen. Das Werk ist sehr schön gestochen.

Bei dem Quartett habe ich die Idee eines Gesprächs unter vier Personen gehabt. Ich habe versucht, diese Idee auch auf ein Quintett anzuwenden, allein ich bin gewahr geworden, daß sich hier die Lehre die Horaz dem dramatischen Dichter gibt, vollkommen anwenden läßt: “nec quarta loqui persona laboret.” Die fünfte Person ist hier eben so wenig zur Mannigfaltigkeit des Gesprächs nothwendig, als zur Vollstimmigkeit der Harmonie; und in jenem verwirrt sie nur und bringt Undeutlichkeit in’s Stück.

Qui a pour but de dialoguer la Mélodie.

Dialoguer la Mélodie veut dire en distribuer les phrases et les membres, le idées, les périodes entre deux ou plusiers voix ou instrumens, ou bien entre un instrument et une voix. En s’exerçant sous ce rapport, on fait d’abord une suite de périodes bien enchaînées, en observant ce que nous allons prescrire.

Il n’y a que les quatre manières suivantes de dialoguer une Mélodie: 1°. les périodes entières s’exécutant alternativement; 2°. en distribuant les phrases (ou membres de périodes) entre les différentes voix qui doivent exécuter la Mélodie; 3°. on dialogue par dessins, c’est-à-dire par de petites imitations; 4°. on commence une phrase par une voix, et on l’achève par une autre. Le premier cas où l’on donne une période à une partie, et une autre période à la seconde, etc., est le plus facile; seulement il faut observer de ne faire que des périodes courtes, sans quoi le dialogue pourrait languir. Sous tous les autres {90} rapports, les périodes suivent les mêmes principes que si elles étaient faites pour une seule voix.

Le dialogue de phrase en phrase est plus chaud et plus intéressant. Il faut marcher ici sous le rapport du rhythme de la manière suivante:

Une partie exécutante.                            Autre partie exécutante.

Première phrase de 4 mesures;             Deuxième phrase de 4 measures;

Troisième phrase de 4 mesures;            Quatrième phrase de 4 mesures;

Cinquième phrase de 3 mesures;          Sixième phrase de 3 mesures;

Septième phrase de 8 mesures, etc.      Huitième phrase de 8 mesures, etc.

[. . .] Nous appellerons la phrase avec laquelle une partie commence, phrase commençante<

§ 44. Ein Quatuor, oder eine Sonate mit drey concertirenden Instumenten, und einer Grundstimme, ist eigentlich der Probierstein eines echten Contrapunctisten; aber auch eine Gelegenheit, wobey mancher, der in seiner Wissenschaft nicht recht gegründet ist, zu Falle kommen kann. Der Gebrauch davon ist noch niemals sehr gemein geworden; folglich kann er auch nicht allen so gar bekannt seyn. Es ist zu befürchten, daß endlich diese Art von Musik das Schicksal der verlohrenen Künste werde erfahren müssen. Zu einem guten Quatuor gehöret:

(1) ein reiner vierstimmiger Satz;

(2) ein harmonischer guter Gesang;

(3) richtige und kurze Imitationen;

(4) eine mit vieler Beurtheilung angestellete Vermischung der concertirenden Instrumente;

(5) eine recht baßmäßige Grundstimme;

(6) solche Gedanken die man mit einander umkehren kann, nämlich, daß man sowohl darüber als darunter bauen könne; wobey die Mittelstimmen zum wenigsten einen leidlichen, und nicht misfälligen Gesang behalten müssen.

(7) Man muß nicht bemerken können, ob diese oder jene Stimme den Vorzug habe.

(8) Eine jede Stimme muß, wenn sie pausiret hat, nicht als eine Mittelstimme, sondern als eine Hauptstimme mit einem gefälligen Gesange wieder eintreten: doch ist dieses nicht von der Grundstimme, sondern nur von dreyen concertirenden Oberstimmen zu verstehen.

(9) Wenn eine Fuge vorkömmt; so muß dieselbe, mit aller Stimmen, nach allen Regeln, meisterhaft, doch aber dabey schmackhaft ausgeführet seyn.

Sechs gewisse Quatuor für unterschiedene Instrumente, meistentheils Flöte, Hoboe, und Violine, welche Herr Telemann schon vor ziemlich langer Zeit gesetzet hat, die aber nicht in Kupfer gestochen worden sind, können, in dieser Art von Musik, vorzüglich schöne Muster abgeben.

Es war die Familie des berühmten Freiherrn v. Jacquin, die schon damals {180} vor 60–70 Jahren, ein hellleuchtendes Augmerk für die wissenschaftliche Welt in und außer Wien war, und die auch ihrer angenehm geselligen Verhältnisse wegen von Vielen gesucht wurde. Wenn die Gelehrten oder gelehrt seyn Wollenden den berühmten Vater und den ihm  nachstrebenden Sohn (den erst vor wenig Jahren verstorbenen Joseph Freiherrn v. Jacquin) aufsuchten, so sammelte sich die junge Welt um den jüngern Sohn Gottfried, den ein lebhafter gebildeter Geist, ein ausgezeichnetes Talent für Musik mit einer angenehmen Stimme verbunden, zum Mittelpunkt des heitern Kreises machte, und um seine Schwester Franziska, die jetzt noch lebende Frau v. Lagusius. Franziska spielte vortrefflich Klavier, sie war eine der besten Schülerinnen Mozart’s, der für sie das Trio mit der Klarinette geschrieben hat, und sang noch überdieß sehr hübsch. Da wurden nun an den Mittwoch-Abenden, die, seit ich denken kann, in diesem Hause der Geselligkeit gewidmet waren, auch selbst im Winter, wann die Familie Jacquin, wie jetzt Professor Endlicher, im Botanischen Garten wohnte, in den Zimmern des Vaters gelehrte Gespräche geführt, und wir jungen Leute plauderten, scherzten, machten Musik, spielten kleine Spiele, und unterhielten uns trefflich. Schöne Zeit der heitern sorglosen Jugend! Liebliche Bilder längstentschwundener Freuden!

Seit Vater Haydn’s Genius, sich zum Quartett hinneigend, in dieser Gattung Meisterwerke geschaffen und damit zugleich das ganze Genre umgeschaffen hat, ist für die Musikliebhaber in unserm deutschen Vaterlande eine Wonnezeit aufgegangen, an der die übrigen musicirenden Völker Europens mehr oder weniger Theil genommen haben. Seitdem haben sich mehrere bedeutende Talente die Bearbeitung dieser so bildsamen Gattung hingewandt; die Meisterwerke haben die Liebhaberey an diesem Zweige der Kunst, und umgekehrt diese hat wiederum jene vergrössert. Ich weiss nicht, was unsere Grossältern auf ihren Geigen und Bässen zu ihrem Zeitvertreibe mögen gespielt haben; denn von den leicht verhallenden Tönen klingt immer nur wenig von einer Generation zur hinüber, und wenn gleich die folgende die Namen bedeutender Künstler und die Titel ihrer Werke sorgfältig notirt, so ist sie darum nicht immer geneigt oder fähig den Werken selbst, die ehemals entzückten, Geschmack zu finden. Gewiss waren vor Haydn, dem Italien in dieser Rücksicht seinen Boccherini an die Seite zu setzen pflegt, weniger Quartetten, als Violinsolos, mit blosser Bassbegleitung, und einer Gattung Trios Mode, die grösstentheils melodisch sich von jenen in nichts, als der geringem Schwierigkeit in der Ausführung, und durch die etwas vollständigere Begleitung unterschieden. Unsere Alten mögen an dieser einfachen Musik sich {514} eben so herzlich ergötzt haben, als wir an unsern Quartetten; denn der Mensch ist ein gar genügsames Wesen das schon eine Wenigkeit glücklich machen kann, so lange es nämlich – noch nichts besseres gekostet hat. Aber welch ein Unterschied gleichwol zwischen diesen und jenen; wie viel höher hat sich unter dem Einfluss grosser Talente die ganze Gattung gehoben; welch ein Publicum hat sie sich zu verschaffen gewusst! Vom Tajo bis an die Newa spielt man unsere Quartetten. Nicht blos in grössern Städten überall, auch in kleinern, ja auf manchen Dörfern, wo nur Musikfreunde sind, die Saiteninstrumente cultiviren, da finden sie sich zu Quartetten zusammen. Der Zauber der Musik macht alles gleich und bindet freundlich zusammen was Rang und Verhältnisse sonst ewig geschieden hätten. Man spielt, und das von der Macht der Töne erhobene und beruhigte Gemüth vergisst oder verachtet in diesem Genuss der übrigen Lebens-Last, Sorge oder Nothdurft, und stärket sich zum neuen Wirken und Tragen. Was sonst mit einander trank, war Freund: der Quartetttisch wird bald den Schenktisch verdrängen. Man kann keinen Menschen hassen, mit dem man einmal im Ernste musicirt hat, und Menschen, die einen Winter hindurch aus freyem Triebe zum Quartett vereinigt mît einander gespielt haben, sind zeitlebens gute Freunde.

Man kann den zunehmenden Geschmack an Quartettmusik nicht anders als mit Vergnügen und Beyfall betrachten, und gewiss sagt man zu seinem Lobe zu wenig, wenn {515} man blos den bessern Zeitvertreib, das edlere Vergnügen rühmt, das einige der Kunst ergebene Freunde gemeinschaftlich in ihrer Ausübung suchen – ein Vergnügen, das wol mehr als jedes andere dazu geeignet ist, das durch Sorgen des Lebens verengte Gemüth zu befreyen, zu erheitern, und die ermattete Kraft von neuem zu stärken; obgleich dadurch wahrlich nicht Geringes gewonnen wird, wenn feinere, geistige Vergnügungen in der Nation nach und nach die rohern und gröbern zu verdrängen anfangen. Wer kann sich hier bey des Wunsches erwehren, dass die Musik – das heisst sie selbst, und nicht die klägliche Eitelkeit, der sie so oft nur zum Vehikel dient – die Liebhaberey unserer Jünglinge und Jungfrauen werden möchte! – Doch jenes Lob theilt die Gattung der Musik, von der wir hier reden, mit der Musik überhaupt, ja mit jeder ernstlichen und genussreichen Kunstbeschäftigung. Aber der Vorzug ist der Quartettmusik eigen, dass diese Gattung ganz vorzüglich geschickt ist, den Sinn für Musik zu wecken, zu stärken; ja, zu bilden, zu verfeinern, und einen reinern Geschmack zu befördern, auszubreiten. Doch ehe ich diese Behauptung rechtfertige, wird es nöthig seyn, zu sagen, was hier unter Quartettmusik, nämlich der eigentlichen, und der guten, gemeint ist. Ein Violinsolo, eine Sonate, mit der eine Violin allein sich hören lässt, indem die andern Stimmen, blos zur Füllung der Harmonie, in einzelnen, unter sich nicht melodischen, keine Einheit bildenden Anklängen sich vernehmen lassen, ist kein wahres Quartett; worin alle Theoretiker übereinstimmen. Will man diese letztere Gattung durch den seit kurzem gewählten Titel Quatuor brillant unterscheiden, so haben wir gar nichts dagegen; wie wir denn keineswegs diese Gattung von Solosonaten mit Begleitung verwerfen wollen. Wir denken darin ganz, wie Voltaire, der auf die Frage, welches Genre der Poesie er für das beste halte, die bekannte, seiner würdige Antwort {516} gab: tout le genre est bon, excepté le genre ennuyeux. – Vor dem letztern Genre wolle uns Apollo hier, wie überall bewahren! – Dasselbe gilt unstreitig von den so genannten (blos) concertirenden Quartetten, in welchen die, übrigens simpel begleitete Solopartie auf zwey oder drey Stimmen, die mit einander wechseln, vertheilt ist. Uns scheint zum eigentlichen Quartett wesentlich zu gehören, dass alle vier Stimmen durch gleiche Theilnahme an der melodischen Grundlage des Tonstücks sich zu einem untrennbaren Ganzen vereinigen. Dies geschieht nun zugleich auf die doppelte Art, dass die melodischen Hauptsätze dçs Tongemäldes (vielleicht iu verschiedenen Abänderungen) von den verschiedenen Stimmen abwechselnd aufgenommen und vorgetragen werden – alterna amant Camoenae – und dass, im Wechsel mit jenen, sich ein mehrstimmiger Gesang vernehmen lässt, in welchem alle Stimmen melodisch fortschreiten. Hauptsächlich ist es das letztere, was den Character des eigentlichen Quartetts ausmacht. In diesem melodischen Einklange aller Stimmen zu einem bald stärkern bald sanftern Chorgesang liegt das Wirksamste dieser Gattung, dem die Solopartien, besonders das buntscheckige Passagenwesen, nur zur Folie, zur Erhöhung durch Abwechslung und Contrast dienen sollen. In diesem Sinn und Geist haben Haydn und Mozart ihre bessern Sachen – z. B. der letztere seine Quintetten geschrieben; in diesen Geist ist Beethoven, sind beyde Romberg, ist G. A. Schneider, Hänsel, wenigstens in ihren gelungenen Arbeiten, ilmen nachgefolgt. Es ist hieraus klar, dass zum Quartett sich die strengere, die gebundene Schreibart recht wohl eigne; dass selbst Fugensätze hier anwendbar und von guter Wirkung siud; dass je galanter die Quartetten sind, sie, wie die galante Jugend, aller zierlichen Phrasen uud alles süssen leeren Geschwäzes ungeachtet, auch in der Regel um so flacher uud seichter zu seyu pflegen, und dass, wenn das Genie des Componisten in Erfindung {517} einer, charaktervollen und interessanten, melodischen Grundlage des Ganzen sich vor allen Dingen bewähren muss ihn doch die Kunst in der effectvollen Anordnung und Verbindung der Tbeile überall leiten soll, und dass endlich, – wohin wir eigentlich wollen, das Quartett eine sehr vollkommne Gattung in der Musik darstellt, die, indem sie von grosser, besonderer Wirkung ist auch die ganze Kunst in Anspruch nimmt; woraus sich denn hinreichend erklärt, warum ein gut Quartett schreiben, von jungen Künstlern, die etwas versprechen, für schwer geachtet, und mit Zweifel in dem Erfolg unternommen, von denen hingegen, die nie viel leisten werden, leicht und fröhlich versucht wird; warum ferner die leichte, galante Arbeit der letztern selbst von dem geschmackvollen Dilettanten so bald und so sicher von der kunstreichern, soliden, ächter Künstler unterschieden, und jene bald bey Seite gelegt wird, indem man zu dieser unaufhörlich und mit immer neuem Vergnügen zurückkehrt. Mit Recht wählt man zum guten Quatuor die vier bekannten Saiteninstrumente, die wegen Gleichheit der Klangart des vollkommensten Einklanges am fähigsten sind. Quintetten, in welchen die hinzugefügte zweyte Viole die Kraft und die Mannigfaltigkeit des Tonstücks vermehrt, gehören mit in diese Gattung.

Die Vorzüge der Quartettmusik scheinen uns demnach in folgenden drey Stücken zu bestehen. Erstlich darin, dass sie der vollständigsten Harmonie fähig, wenigstens die wesentlichen Hülfsmittel der Kunst in sich vereinigt, und so zur Darstellung, wo nicht aller, doch der meisten Arten des musikalischen Characters sich darbietet. Alle Harmonie ist, wie bekannt, nur vierstimmig, und wenn, was darüber, auch nicht gerade vom Uebcl ist, so ist es doch nur zur Füllung und Verstärkung des Vorhandenen da, und besteht in Verdoppelungen dessen, was bereits im vierstimmigen Satz vollständig enthalten war. Diese {518} durch die Menge der Instrumente erreichte grössere Gewalt der Töne, macht nun zwar einen ihr eigenen, im Quartett gar nicht zu erreichenden Effect, und ist in der Darstellung des Grossen, des Heftigen, des Pathetischen und Erhabenen, es sey in der Kirche oder im Theater, unentbehrlich. Doch liegt in dieser blos physischen Macht des Tons noch nicht das der Musik wesentliche Schöne Auch die am stärksten besetzten Chöre aus einer prächtigfeyerlichen Kirchenmusik, auch das brillanteste Opern-Finale wird, den Gesang dabey vorausgesetzt, in einer blossen Quartettbegleitung weder ganz seinen Character, noch ganz seinen Effect auf den gebildeten Kunstfreund verlieren; und wer weiss, ob nicht das, was hier unläugbar verloren gehn muss, durch die grössere Klarheit und Präcision, in der das Ganze nun erscheint, sum Theil ersetzt wird. Ist die Quartettmusik auch für den Sturm der Leidenschaften zu beschränkt, so ist darum das Feyerliche, das Erhabene, das Pathetische von ihrem Gebiet nicht ausgeschlossen, und mit welchem Glück diese Gattung den Ernst, wie den Humor, das Traurige, die Schwermuth, wie das Lichte und Heitere, darzustellen weiss, wie sie sich für den Ausdruck des Sanften, Weichen, Gefälligen, Rührenden so ganz eignet, ist aus den Mustern, die wir in dieser Gattung besitzen, vollkommen erwiesen. – Ein zweyter Vorzug der Quartettmusik ist unläugbar die ungemeine Klarheit und Deutlichkeit, die, dieser Gattung eigentümlich, den Kunstgeuuss so sehr erhöht. Wie viel wird durch diese Klarheit vergütet, was dieser auf das Wesentliche beschränkten Gattung sonst etwa abgehn magl Im gutgespielten Quartett kommt alles zum Gehör,. wie der Componist es dachte Alles liegt klar, bestimmt, offen da; nicht blos die Melodien der Oberstimme können in ihrem vollen Reitze auftreten; auch jede Feinheit in den Mittelstimmen, jedes Melodische in der Begleitung, das sich zart um den Hauptgesang herumschlingt; alles Effectvolle, Geniale, in {519} der Wahl und den Wendungen der Modulation – alles tritt hier hervor, wie es soll, und thut seine Wirkung. Unstreitig liegt in dieser schönen Klarheit und Präcision einer der vorzüglichsten Reize dieser Gattung. Er ist es, um dessentwillen manche ein gutes Quartett der vollständigsten Orchestermusik vorziehen, bey welcher diese dem Eflect so wesentliche Bedingung doch nie völlig erfüllt wird. Wie oft ist die sorgfältige Mühe und kritische Genauigkeit, mit der gute Componisten ihre vollstimniigen Orchestersachen ausfeilen, und die auf dem Papier den Kenner entzückt, bey der Aufiührung zum Theil verloren; wie viele der sorgfältig gewählten Töne fehen im Sturm und Lärm der Trompeten, Pauken und Posaunen, durch ein Chor anderer Blasinstrumente verstärkt so völlig unter, dass man kaum von der glänzend figurirten Partie der ersten Violine etwas fragmentarisch vernehmen kann! Wie wohl thut es dem musikalischen Sinne, wenn endlich der düstere Sturm sich legt und der heitere, klare Tag der einfachen Quartcttbegleitung wieder aufgeht! – Dass eben darum diese Gattung drittens auch den reinsten, vollkommensten Vortrag verstattet und fordert, muss ihr unstreitig als ein Vorzug angerechnet werden. Das Quartett wird unter den Händen von vier Meistern sich mit den anziehendsten Reizen der Ausführung schmücken. Welch ein Unterschied im Vortlage starker Orchesterpartien und feiner Solosätze! Die Quartettmusik, die zwischen beyden steht, kann das Schöne beyder in sich vereinigen, die Fülle und Vollendung des Ensemble mit der Zartheit und dem Ausdruck des Solo. Wenn man die Productionen des grossen Orchesters mit der Theater- und Panoramamalerey vergleichen darf, bey der die massiv aufgetragenen Farbenklekse in einer bestimmten Entfernung vom Auge apprehendirt werden müssen, um sich zu etwas Schönen zu gestalten; wenn der Solospieler hingegen der Miniaturmaler der Musik ist, berufen, das {520} Zarteste, Lieblichste der Kunst in der engsten Befreundung mit ihrem Gegenstande hinzustellen: so ist das Quartett das Cabinetstück der Musik, in dem sich beydes, Reichthum dar Composition mit der zartesten Ausführung vereinigt. – Dieser Gedanke führt uns natürlich auf einige bey dem Quartettvortrag wesentliche Regeln, die wir hier – keinesweges den Meistern, von denen wir sie im Gegentheil abgezogen zu haben, gern und dankbar bekennen, sondern blos den Liebhabern der Kunst zur Erhöhung ihres Genusses ans Herz legen wollen. Sie gehn sämtlich aus dem Wesen des Quartetts als einer Viereinigkeit hervor, in der die Einheit des Ganzen und die Selbstständigkeit jeder der vier Stimmen sich gegenseitig beschränken. Selbstständig zeigt sich jedes Instrument dann, und in sofern es die Hauptstinime – in Melodien oder Passagen vorträgt; hier darf es mit der Kunst auch das Recht des Solospielers ausüben, und über die andern Stimmen mit stärkerm Ton hervortreten. Alle Feinheiten des Solospielers (seine Zierereyen missfallen hier, wie überall) sind hier am rechten Ort; doch alles ist verboten, was dem Ganzen nicht zusagt: alles störende Tactverrücken, alles krause Verschnörkeln, das mit der reinen Einfachheit des Quatuors nicht verträglich ist. – Eine Hauptpñicht aller Quartettisten ist daher, sich eines klaren, schönen Tons auf ihrem Instrumente zu befleisigen. Dieser ist nicht blos für die Solopartie, sondern für das Ganze hier von der lieblichsten Wirkung. Alte, versteinerte Ripienisten sind daher zum Quartett oft völlig unbrauchbar, weil ihr zu starker, rauher, hervorschreyender Ton alles verdirbt. Der Effect der Quartettmusik beruht zum Theil auf dem schönen Einklang der vier Instrumente man würde den Effect stören, wenn man z. B. statt einer Violine eine Flöte oder statt der Bratsche ein Clarinet einschieben wollte. Eine Verbindung von Blasinstrumenten mit Saiteninstrumenten ist wegen der Ungleichheit {521} der Klänge nie von einer so schönen, reinen Wirkung, als vier Saiteninstrumente, bey gehaltene Noten in einen einzigen harmonischen Ton zusammenfliessen. Mit welchem Glücke hat man nicht Quartettpartien oder Quintetten, die ursprünglich für vier ganz verschiedene Instrumente geschrieben waren, für die drey Saiteninstrumente arrangirt! So wird z. B. das von Hofmeister arrangirte Mozartsche Quintett aus F dur, das aus einer von Blasinstrumenten begleiteten Doppelsonate für Fortepiano genommen ist, von Kennern und Liebhabern als ein herrliches Tonstück gepriesen und dem Original an die Seite gesetzt, wo nicht vorgezogen. Um diese so mühsame, so wirksame Einheit des Klanges befördern, sollten die Quartettspieler sich nicht blos des gleichsten, reinsten, schönsten Tons befleissigen, sondern sogar die Instrumente sorgfältig auswählen. Es macht einen übeln Eindruck, wenn neben dem vollen, dicken, kräftigen Ton der ersten Geige, die zweyte mit einem schwachen, dünnen Tönchen hervortritt, oder die Viole wie eine rauhe Katarrh-Kehle dazwischen schreyt; nicht zu gedenken, dass sich beym Zusammenspielen der schwache, schlechte Ton in den bessern so völlig verliert, dass er nicht ordentlich Gehör kommen kann. – Was endlich die Regeln betrifft, die sich auf die Einheit des Ganzen beziehn, so setzen wir alles das, was richtiges und tactmässiges Spielen betrifft, dabey, als keiner Erinnerung bedürftig, voraus. Ausser diesem ist es die Pflicht des Quartettisten sich in den Character des Tonstücks gehörig zu finden, und sich mit seinen Gehülfen darüber zu verständigen. Das ist aber eine Sache seines musikal. Sinnes, worüber im Einzelnen keine Anweisung gegeben werden kann. Ist man über diesen Character einverstanden, so bestrebe sich jeder mit Selbstverläugnung nur dem Ganzen anzuhören. Jeder mässige seinen Ton, dass er nicht vorschreye; denn das Ganze muss in der Tonstärke eine gewisse Mitte halten, damit für das Forte und {522} Piano und das Sforzando die Mittel nicht fehlen. Alle Wendungen des Ausdrucks, alle Farbengebung durch Forte, Piano, Wachsen und Abnehmen, muss mit der grössten, genauesten Einstimmung beobachtet werden; besonders sind alle Sforzandos genau zu bemerken. – Dass ein Quartett gut, das ist, ganz in seinem Sinn und Character auszuführen, keine leichte Aufgabe sey, wollen wir so wenig läugnen, dass wir im Gegentheil die Genossen dieser Musik vielmehr bitten wollen, sie um ihr es eigenen Vergnügens willen, nicht für zu leicht auzusehn. Es giebt Liebhaber, die, aus lauter Gierigkeit nach neuem Genuss, nichts recht geniessen. Wie gewisse Leser, (auch Recensenten) die, viel zu ungeduldig, ein Buch ordentlich durch zu lesen, um ihm sein Recht wiederfahren zu lassen, es nur flüchtig durchblättern, oder von hinten beginnend hie und da einige Seiten lesen, um, in der süssen Uebetzeugung, dass sie mit der Literatur fortgehen, über jede einzelne Production derselben so bald als möglich hinweg zu kommen: so machen es auch manche Musikliebhaber mit den Quartetten. Man greift immer nur zu den neu erschienenen; diese werden, ohne Vorbereitung, a vista durchgespielt; man ist zufrieden, wenn man ohne eben stecken zu bleiben zu Ende kam, und glaubt nach einer so unvollkommnen Darstellung, wo nicht den Genuss des Tonstücks, doch das Urtheil, ob es gut, mittelmässig oder schlecht sey, erbeutet zu haben. Diese Art des Dilettantismus kann weder die Kunst fördern, noch ihren Genuss erhöhen. Das wahre Kunsttalent gefällt sich und entwickelt sich, durch den Genuss, den seine Productiouen kunstverwandten Seeleu gewähren; die Kunst steht mit der Liebhaberey im engsten Bunde. Wenn der Künstler sich dem Urtheil seines Publicums blosstellt, sollte er nicht auch ein Recht haben, von diesem den Fleiss, die Vorbereitung zu fordern, ohne welche sein Werk nicht recht empfunden, genossen, beurlheilt werden kann? Wenn es in dieser Gattung so viel schwache, {523} leichte Producte giebt, so sind die Dilettanten daran Schuld, die immer ohne Mühe geniessen wollen. Lasst uns das Gute recht schätzen und würdigen, lasst uns zu den besten Werken in dieser liebenswürdigen Gattung oft zurückkehren und uns innigst mit ihnen befreunden, und in dieser dankbaren Anerkennung des Guten, und an ihr, werden sich neue Kiinstlertalente entwickeln und stärken, die uns mit vorzüglichem Werken versorgen werden.

P.

Bey der Menge von Musikliebhabern, welche man in Wien findet, ist es sehr natürlich, dass {639} viele darunter mittelmässig, und viele noch weniger, als mittelmässig, sind. Indefs glaube ich, dass man nirgends so viele grosse Dilettanten auf allen Instrumenten antreffen wird, welche sich nicht mit Unrecht Virtuosen nennen könnten. Etwas Musik zu lernen, gehört zur anständigen Erziehung. Meistens aus solchen Liebhabern der Musik, oder auch in den Häusern, wo man Musik nur gern hat, bilden sich die – im Vergleich mit den meisten Städten Deutschlands, häufigen Privatakademien. So nennet man Gesellschaften wo zuweilen (doch jezt seltner) grössere Instrumentalmusiken, gemeiniglich aber Quartetten und Quintetten gegeben werden. Nach Verschiedenheit der Musiker sind natürlicher Weise diese Produktionen gut, mittelmässig, oder auch noch weniger, als dies. Nach Maasgabe der musikalischen Bildung wählt man natürlich auch die Kompositionen. Da ist es denn, wie überall: die Gebildeten lieben das Gute, kann es zugleich neu seyn – desto besser, und mit Recht; die weniger Gebildeten lieben das Neue, kann es zugleich gut seyn – desto besser. Aber die Gelegenheit, so viel und so oft gute Musik zu hören, bildet selbst in den wenig Unterrichteten einen gewissen richtigen Takt des dunkeln Gefühls, dass auch sie sich selten ganz vergreifen. Unter den Komponisten, welche von den mehr Gebildeten am meisten geschäzt und am öftersten benuzt werden, steht Haydn mit Recht oben an; und ich fordere jeden, der in den besten Häusern Zutritt gehabt hat, auf, mich, wenn er kann, zu widerlegen, indem ich behaupte dass man Haydns und einiger anderer verdienter Instrumentalkomponisten Quartetten nirgends besser, und an den meisten bedeutenden Orten nicht so richtig, fein und schön ausführen hört, als in Wien.

Auch ziehen drey neue, sehr lange und schwierige Beethovensche Violinquartetten, dem russischen Botschafter, Grafen Rasumowsky zugeeignet, die Aufmerksamkeit aller Kenner an sich. Sie sind tief gedacht und trefflich gearbeitet, aber nicht allgemeinfasslich – das 3te. aus C dur, etwa ausgenommen, welches durch Eigenthümlichkeit, Melodie und harmonische Kraft jeden Musikfreund gewinnen muß.