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23. [Johann Conrad Wilhelm] P[etiscus]. “Ueber Quartettmusik,” Allgemeine musikalische Zeitung (Leipzig) 12, no. 33 (May 16, 1810): cols. 513–26.

Seit Vater Haydn’s Genius, sich zum Quartett hinneigend, in dieser Gattung Meisterwerke geschaffen und damit zugleich das ganze Genre umgeschaffen hat, ist für die Musikliebhaber in unserm deutschen Vaterlande eine Wonnezeit aufgegangen, an der die übrigen musicirenden Völker Europens mehr oder weniger Theil genommen haben. Seitdem haben sich mehrere bedeutende Talente die Bearbeitung dieser so bildsamen Gattung hingewandt; die Meisterwerke haben die Liebhaberey an diesem Zweige der Kunst, und umgekehrt diese hat wiederum jene vergrössert. Ich weiss nicht, was unsere Grossältern auf ihren Geigen und Bässen zu ihrem Zeitvertreibe mögen gespielt haben; denn von den leicht verhallenden Tönen klingt immer nur wenig von einer Generation zur hinüber, und wenn gleich die folgende die Namen bedeutender Künstler und die Titel ihrer Werke sorgfältig notirt, so ist sie darum nicht immer geneigt oder fähig den Werken selbst, die ehemals entzückten, Geschmack zu finden. Gewiss waren vor Haydn, dem Italien in dieser Rücksicht seinen Boccherini an die Seite zu setzen pflegt, weniger Quartetten, als Violinsolos, mit blosser Bassbegleitung, und einer Gattung Trios Mode, die grösstentheils melodisch sich von jenen in nichts, als der geringem Schwierigkeit in der Ausführung, und durch die etwas vollständigere Begleitung unterschieden. Unsere Alten mögen an dieser einfachen Musik sich {514} eben so herzlich ergötzt haben, als wir an unsern Quartetten; denn der Mensch ist ein gar genügsames Wesen das schon eine Wenigkeit glücklich machen kann, so lange es nämlich – noch nichts besseres gekostet hat. Aber welch ein Unterschied gleichwol zwischen diesen und jenen; wie viel höher hat sich unter dem Einfluss grosser Talente die ganze Gattung gehoben; welch ein Publicum hat sie sich zu verschaffen gewusst! Vom Tajo bis an die Newa spielt man unsere Quartetten. Nicht blos in grössern Städten überall, auch in kleinern, ja auf manchen Dörfern, wo nur Musikfreunde sind, die Saiteninstrumente cultiviren, da finden sie sich zu Quartetten zusammen. Der Zauber der Musik macht alles gleich und bindet freundlich zusammen was Rang und Verhältnisse sonst ewig geschieden hätten. Man spielt, und das von der Macht der Töne erhobene und beruhigte Gemüth vergisst oder verachtet in diesem Genuss der übrigen Lebens-Last, Sorge oder Nothdurft, und stärket sich zum neuen Wirken und Tragen. Was sonst mit einander trank, war Freund: der Quartetttisch wird bald den Schenktisch verdrängen. Man kann keinen Menschen hassen, mit dem man einmal im Ernste musicirt hat, und Menschen, die einen Winter hindurch aus freyem Triebe zum Quartett vereinigt mît einander gespielt haben, sind zeitlebens gute Freunde.

Man kann den zunehmenden Geschmack an Quartettmusik nicht anders als mit Vergnügen und Beyfall betrachten, und gewiss sagt man zu seinem Lobe zu wenig, wenn {515} man blos den bessern Zeitvertreib, das edlere Vergnügen rühmt, das einige der Kunst ergebene Freunde gemeinschaftlich in ihrer Ausübung suchen – ein Vergnügen, das wol mehr als jedes andere dazu geeignet ist, das durch Sorgen des Lebens verengte Gemüth zu befreyen, zu erheitern, und die ermattete Kraft von neuem zu stärken; obgleich dadurch wahrlich nicht Geringes gewonnen wird, wenn feinere, geistige Vergnügungen in der Nation nach und nach die rohern und gröbern zu verdrängen anfangen. Wer kann sich hier bey des Wunsches erwehren, dass die Musik – das heisst sie selbst, und nicht die klägliche Eitelkeit, der sie so oft nur zum Vehikel dient – die Liebhaberey unserer Jünglinge und Jungfrauen werden möchte! – Doch jenes Lob theilt die Gattung der Musik, von der wir hier reden, mit der Musik überhaupt, ja mit jeder ernstlichen und genussreichen Kunstbeschäftigung. Aber der Vorzug ist der Quartettmusik eigen, dass diese Gattung ganz vorzüglich geschickt ist, den Sinn für Musik zu wecken, zu stärken; ja, zu bilden, zu verfeinern, und einen reinern Geschmack zu befördern, auszubreiten. Doch ehe ich diese Behauptung rechtfertige, wird es nöthig seyn, zu sagen, was hier unter Quartettmusik, nämlich der eigentlichen, und der guten, gemeint ist. Ein Violinsolo, eine Sonate, mit der eine Violin allein sich hören lässt, indem die andern Stimmen, blos zur Füllung der Harmonie, in einzelnen, unter sich nicht melodischen, keine Einheit bildenden Anklängen sich vernehmen lassen, ist kein wahres Quartett; worin alle Theoretiker übereinstimmen. Will man diese letztere Gattung durch den seit kurzem gewählten Titel Quatuor brillant unterscheiden, so haben wir gar nichts dagegen; wie wir denn keineswegs diese Gattung von Solosonaten mit Begleitung verwerfen wollen. Wir denken darin ganz, wie Voltaire, der auf die Frage, welches Genre der Poesie er für das beste halte, die bekannte, seiner würdige Antwort {516} gab: tout le genre est bon, excepté le genre ennuyeux. – Vor dem letztern Genre wolle uns Apollo hier, wie überall bewahren! – Dasselbe gilt unstreitig von den so genannten (blos) concertirenden Quartetten, in welchen die, übrigens simpel begleitete Solopartie auf zwey oder drey Stimmen, die mit einander wechseln, vertheilt ist. Uns scheint zum eigentlichen Quartett wesentlich zu gehören, dass alle vier Stimmen durch gleiche Theilnahme an der melodischen Grundlage des Tonstücks sich zu einem untrennbaren Ganzen vereinigen. Dies geschieht nun zugleich auf die doppelte Art, dass die melodischen Hauptsätze dçs Tongemäldes (vielleicht iu verschiedenen Abänderungen) von den verschiedenen Stimmen abwechselnd aufgenommen und vorgetragen werden – alterna amant Camoenae – und dass, im Wechsel mit jenen, sich ein mehrstimmiger Gesang vernehmen lässt, in welchem alle Stimmen melodisch fortschreiten. Hauptsächlich ist es das letztere, was den Character des eigentlichen Quartetts ausmacht. In diesem melodischen Einklange aller Stimmen zu einem bald stärkern bald sanftern Chorgesang liegt das Wirksamste dieser Gattung, dem die Solopartien, besonders das buntscheckige Passagenwesen, nur zur Folie, zur Erhöhung durch Abwechslung und Contrast dienen sollen. In diesem Sinn und Geist haben Haydn und Mozart ihre bessern Sachen – z. B. der letztere seine Quintetten geschrieben; in diesen Geist ist Beethoven, sind beyde Romberg, ist G. A. Schneider, Hänsel, wenigstens in ihren gelungenen Arbeiten, ilmen nachgefolgt. Es ist hieraus klar, dass zum Quartett sich die strengere, die gebundene Schreibart recht wohl eigne; dass selbst Fugensätze hier anwendbar und von guter Wirkung siud; dass je galanter die Quartetten sind, sie, wie die galante Jugend, aller zierlichen Phrasen uud alles süssen leeren Geschwäzes ungeachtet, auch in der Regel um so flacher uud seichter zu seyu pflegen, und dass, wenn das Genie des Componisten in Erfindung {517} einer, charaktervollen und interessanten, melodischen Grundlage des Ganzen sich vor allen Dingen bewähren muss ihn doch die Kunst in der effectvollen Anordnung und Verbindung der Tbeile überall leiten soll, und dass endlich, – wohin wir eigentlich wollen, das Quartett eine sehr vollkommne Gattung in der Musik darstellt, die, indem sie von grosser, besonderer Wirkung ist auch die ganze Kunst in Anspruch nimmt; woraus sich denn hinreichend erklärt, warum ein gut Quartett schreiben, von jungen Künstlern, die etwas versprechen, für schwer geachtet, und mit Zweifel in dem Erfolg unternommen, von denen hingegen, die nie viel leisten werden, leicht und fröhlich versucht wird; warum ferner die leichte, galante Arbeit der letztern selbst von dem geschmackvollen Dilettanten so bald und so sicher von der kunstreichern, soliden, ächter Künstler unterschieden, und jene bald bey Seite gelegt wird, indem man zu dieser unaufhörlich und mit immer neuem Vergnügen zurückkehrt. Mit Recht wählt man zum guten Quatuor die vier bekannten Saiteninstrumente, die wegen Gleichheit der Klangart des vollkommensten Einklanges am fähigsten sind. Quintetten, in welchen die hinzugefügte zweyte Viole die Kraft und die Mannigfaltigkeit des Tonstücks vermehrt, gehören mit in diese Gattung.

Die Vorzüge der Quartettmusik scheinen uns demnach in folgenden drey Stücken zu bestehen. Erstlich darin, dass sie der vollständigsten Harmonie fähig, wenigstens die wesentlichen Hülfsmittel der Kunst in sich vereinigt, und so zur Darstellung, wo nicht aller, doch der meisten Arten des musikalischen Characters sich darbietet. Alle Harmonie ist, wie bekannt, nur vierstimmig, und wenn, was darüber, auch nicht gerade vom Uebcl ist, so ist es doch nur zur Füllung und Verstärkung des Vorhandenen da, und besteht in Verdoppelungen dessen, was bereits im vierstimmigen Satz vollständig enthalten war. Diese {518} durch die Menge der Instrumente erreichte grössere Gewalt der Töne, macht nun zwar einen ihr eigenen, im Quartett gar nicht zu erreichenden Effect, und ist in der Darstellung des Grossen, des Heftigen, des Pathetischen und Erhabenen, es sey in der Kirche oder im Theater, unentbehrlich. Doch liegt in dieser blos physischen Macht des Tons noch nicht das der Musik wesentliche Schöne Auch die am stärksten besetzten Chöre aus einer prächtigfeyerlichen Kirchenmusik, auch das brillanteste Opern-Finale wird, den Gesang dabey vorausgesetzt, in einer blossen Quartettbegleitung weder ganz seinen Character, noch ganz seinen Effect auf den gebildeten Kunstfreund verlieren; und wer weiss, ob nicht das, was hier unläugbar verloren gehn muss, durch die grössere Klarheit und Präcision, in der das Ganze nun erscheint, sum Theil ersetzt wird. Ist die Quartettmusik auch für den Sturm der Leidenschaften zu beschränkt, so ist darum das Feyerliche, das Erhabene, das Pathetische von ihrem Gebiet nicht ausgeschlossen, und mit welchem Glück diese Gattung den Ernst, wie den Humor, das Traurige, die Schwermuth, wie das Lichte und Heitere, darzustellen weiss, wie sie sich für den Ausdruck des Sanften, Weichen, Gefälligen, Rührenden so ganz eignet, ist aus den Mustern, die wir in dieser Gattung besitzen, vollkommen erwiesen. – Ein zweyter Vorzug der Quartettmusik ist unläugbar die ungemeine Klarheit und Deutlichkeit, die, dieser Gattung eigentümlich, den Kunstgeuuss so sehr erhöht. Wie viel wird durch diese Klarheit vergütet, was dieser auf das Wesentliche beschränkten Gattung sonst etwa abgehn magl Im gutgespielten Quartett kommt alles zum Gehör,. wie der Componist es dachte Alles liegt klar, bestimmt, offen da; nicht blos die Melodien der Oberstimme können in ihrem vollen Reitze auftreten; auch jede Feinheit in den Mittelstimmen, jedes Melodische in der Begleitung, das sich zart um den Hauptgesang herumschlingt; alles Effectvolle, Geniale, in {519} der Wahl und den Wendungen der Modulation – alles tritt hier hervor, wie es soll, und thut seine Wirkung. Unstreitig liegt in dieser schönen Klarheit und Präcision einer der vorzüglichsten Reize dieser Gattung. Er ist es, um dessentwillen manche ein gutes Quartett der vollständigsten Orchestermusik vorziehen, bey welcher diese dem Eflect so wesentliche Bedingung doch nie völlig erfüllt wird. Wie oft ist die sorgfältige Mühe und kritische Genauigkeit, mit der gute Componisten ihre vollstimniigen Orchestersachen ausfeilen, und die auf dem Papier den Kenner entzückt, bey der Aufiührung zum Theil verloren; wie viele der sorgfältig gewählten Töne fehen im Sturm und Lärm der Trompeten, Pauken und Posaunen, durch ein Chor anderer Blasinstrumente verstärkt so völlig unter, dass man kaum von der glänzend figurirten Partie der ersten Violine etwas fragmentarisch vernehmen kann! Wie wohl thut es dem musikalischen Sinne, wenn endlich der düstere Sturm sich legt und der heitere, klare Tag der einfachen Quartcttbegleitung wieder aufgeht! – Dass eben darum diese Gattung drittens auch den reinsten, vollkommensten Vortrag verstattet und fordert, muss ihr unstreitig als ein Vorzug angerechnet werden. Das Quartett wird unter den Händen von vier Meistern sich mit den anziehendsten Reizen der Ausführung schmücken. Welch ein Unterschied im Vortlage starker Orchesterpartien und feiner Solosätze! Die Quartettmusik, die zwischen beyden steht, kann das Schöne beyder in sich vereinigen, die Fülle und Vollendung des Ensemble mit der Zartheit und dem Ausdruck des Solo. Wenn man die Productionen des grossen Orchesters mit der Theater- und Panoramamalerey vergleichen darf, bey der die massiv aufgetragenen Farbenklekse in einer bestimmten Entfernung vom Auge apprehendirt werden müssen, um sich zu etwas Schönen zu gestalten; wenn der Solospieler hingegen der Miniaturmaler der Musik ist, berufen, das {520} Zarteste, Lieblichste der Kunst in der engsten Befreundung mit ihrem Gegenstande hinzustellen: so ist das Quartett das Cabinetstück der Musik, in dem sich beydes, Reichthum dar Composition mit der zartesten Ausführung vereinigt. – Dieser Gedanke führt uns natürlich auf einige bey dem Quartettvortrag wesentliche Regeln, die wir hier – keinesweges den Meistern, von denen wir sie im Gegentheil abgezogen zu haben, gern und dankbar bekennen, sondern blos den Liebhabern der Kunst zur Erhöhung ihres Genusses ans Herz legen wollen. Sie gehn sämtlich aus dem Wesen des Quartetts als einer Viereinigkeit hervor, in der die Einheit des Ganzen und die Selbstständigkeit jeder der vier Stimmen sich gegenseitig beschränken. Selbstständig zeigt sich jedes Instrument dann, und in sofern es die Hauptstinime – in Melodien oder Passagen vorträgt; hier darf es mit der Kunst auch das Recht des Solospielers ausüben, und über die andern Stimmen mit stärkerm Ton hervortreten. Alle Feinheiten des Solospielers (seine Zierereyen missfallen hier, wie überall) sind hier am rechten Ort; doch alles ist verboten, was dem Ganzen nicht zusagt: alles störende Tactverrücken, alles krause Verschnörkeln, das mit der reinen Einfachheit des Quatuors nicht verträglich ist. – Eine Hauptpñicht aller Quartettisten ist daher, sich eines klaren, schönen Tons auf ihrem Instrumente zu befleisigen. Dieser ist nicht blos für die Solopartie, sondern für das Ganze hier von der lieblichsten Wirkung. Alte, versteinerte Ripienisten sind daher zum Quartett oft völlig unbrauchbar, weil ihr zu starker, rauher, hervorschreyender Ton alles verdirbt. Der Effect der Quartettmusik beruht zum Theil auf dem schönen Einklang der vier Instrumente man würde den Effect stören, wenn man z. B. statt einer Violine eine Flöte oder statt der Bratsche ein Clarinet einschieben wollte. Eine Verbindung von Blasinstrumenten mit Saiteninstrumenten ist wegen der Ungleichheit {521} der Klänge nie von einer so schönen, reinen Wirkung, als vier Saiteninstrumente, bey gehaltene Noten in einen einzigen harmonischen Ton zusammenfliessen. Mit welchem Glücke hat man nicht Quartettpartien oder Quintetten, die ursprünglich für vier ganz verschiedene Instrumente geschrieben waren, für die drey Saiteninstrumente arrangirt! So wird z. B. das von Hofmeister arrangirte Mozartsche Quintett aus F dur, das aus einer von Blasinstrumenten begleiteten Doppelsonate für Fortepiano genommen ist, von Kennern und Liebhabern als ein herrliches Tonstück gepriesen und dem Original an die Seite gesetzt, wo nicht vorgezogen. Um diese so mühsame, so wirksame Einheit des Klanges befördern, sollten die Quartettspieler sich nicht blos des gleichsten, reinsten, schönsten Tons befleissigen, sondern sogar die Instrumente sorgfältig auswählen. Es macht einen übeln Eindruck, wenn neben dem vollen, dicken, kräftigen Ton der ersten Geige, die zweyte mit einem schwachen, dünnen Tönchen hervortritt, oder die Viole wie eine rauhe Katarrh-Kehle dazwischen schreyt; nicht zu gedenken, dass sich beym Zusammenspielen der schwache, schlechte Ton in den bessern so völlig verliert, dass er nicht ordentlich Gehör kommen kann. – Was endlich die Regeln betrifft, die sich auf die Einheit des Ganzen beziehn, so setzen wir alles das, was richtiges und tactmässiges Spielen betrifft, dabey, als keiner Erinnerung bedürftig, voraus. Ausser diesem ist es die Pflicht des Quartettisten sich in den Character des Tonstücks gehörig zu finden, und sich mit seinen Gehülfen darüber zu verständigen. Das ist aber eine Sache seines musikal. Sinnes, worüber im Einzelnen keine Anweisung gegeben werden kann. Ist man über diesen Character einverstanden, so bestrebe sich jeder mit Selbstverläugnung nur dem Ganzen anzuhören. Jeder mässige seinen Ton, dass er nicht vorschreye; denn das Ganze muss in der Tonstärke eine gewisse Mitte halten, damit für das Forte und {522} Piano und das Sforzando die Mittel nicht fehlen. Alle Wendungen des Ausdrucks, alle Farbengebung durch Forte, Piano, Wachsen und Abnehmen, muss mit der grössten, genauesten Einstimmung beobachtet werden; besonders sind alle Sforzandos genau zu bemerken. – Dass ein Quartett gut, das ist, ganz in seinem Sinn und Character auszuführen, keine leichte Aufgabe sey, wollen wir so wenig läugnen, dass wir im Gegentheil die Genossen dieser Musik vielmehr bitten wollen, sie um ihr es eigenen Vergnügens willen, nicht für zu leicht auzusehn. Es giebt Liebhaber, die, aus lauter Gierigkeit nach neuem Genuss, nichts recht geniessen. Wie gewisse Leser, (auch Recensenten) die, viel zu ungeduldig, ein Buch ordentlich durch zu lesen, um ihm sein Recht wiederfahren zu lassen, es nur flüchtig durchblättern, oder von hinten beginnend hie und da einige Seiten lesen, um, in der süssen Uebetzeugung, dass sie mit der Literatur fortgehen, über jede einzelne Production derselben so bald als möglich hinweg zu kommen: so machen es auch manche Musikliebhaber mit den Quartetten. Man greift immer nur zu den neu erschienenen; diese werden, ohne Vorbereitung, a vista durchgespielt; man ist zufrieden, wenn man ohne eben stecken zu bleiben zu Ende kam, und glaubt nach einer so unvollkommnen Darstellung, wo nicht den Genuss des Tonstücks, doch das Urtheil, ob es gut, mittelmässig oder schlecht sey, erbeutet zu haben. Diese Art des Dilettantismus kann weder die Kunst fördern, noch ihren Genuss erhöhen. Das wahre Kunsttalent gefällt sich und entwickelt sich, durch den Genuss, den seine Productiouen kunstverwandten Seeleu gewähren; die Kunst steht mit der Liebhaberey im engsten Bunde. Wenn der Künstler sich dem Urtheil seines Publicums blosstellt, sollte er nicht auch ein Recht haben, von diesem den Fleiss, die Vorbereitung zu fordern, ohne welche sein Werk nicht recht empfunden, genossen, beurlheilt werden kann? Wenn es in dieser Gattung so viel schwache, {523} leichte Producte giebt, so sind die Dilettanten daran Schuld, die immer ohne Mühe geniessen wollen. Lasst uns das Gute recht schätzen und würdigen, lasst uns zu den besten Werken in dieser liebenswürdigen Gattung oft zurückkehren und uns innigst mit ihnen befreunden, und in dieser dankbaren Anerkennung des Guten, und an ihr, werden sich neue Kiinstlertalente entwickeln und stärken, die uns mit vorzüglichem Werken versorgen werden.

P.